Sturzversuche im Eis – Eiskletter Standplätze

Als ich im Februar mit Axel im Pitztal zum Eisklettern war, haben wir uns fleißig über Standplätze ausgetauscht. Wir kamen schnell auf die Idee, dass Sturzversuche eine coole Idee wären, um einige Dinge auszuprobieren. Jedoch haben wir schnell gemerkt, dass Sturzversuche mit unbekannten Variablen und in geringer Anzahl nur schwer ein deutliches Ergebnis bringen. Daher ist dieser Feldversuch von uns eher als einzelne Stürze zu betrachten, aus denen sich schwer ein Gesamtbild zusammenfügen lassen kann. Bei diesen Versuchen handelt es sich um keine wissenschaftliche Untersuchung und ich möchte hier kein Material und keine Standbau-Methode besonders gut, sicher, schlecht oder unsicher darstellen! Ebenfalls ist die Aussagekraft der Werte nicht sonderlich stark. Dennoch war dieser Feldtest eine Bereicherung für uns und es wäre zu schade diese Werte nicht zu teilen.

Eckdaten zum Versuch

Sturzmasse: Dummy mit 100kg
Abwurfpunkt: ca. 2m über Standplatz
Sicherungsmethode: Halbmastwurf im Zentralkarabiner. Am Boden gehalten von Hand.
Seil: Edelrid Apus Pro Dry 7,9mm Halbseil
Besonderheit des Standplatzes: Einer der beiden Fixpunkte ist mit Sollbruchstelle ausgestattet (2mm Polypropylen Schnur).
Messgerät: Linescale 3
Kraftmesszellen: Insgesamt 3 Stück – 1. Fixpunkt, 2. Fixpunkt, zwischen Dummy und Gurt (Leider sind die Werte der Messzelle am Gurt aus technischen Gründen nicht abrufbar)

Der Aufbau

Zuerst bin ich am Eisfall im Vorstieg ca. 25m hochgeklettert. Dann habe ich einen Standplatz am Fels für mich zur Sicherung aufgebaut und dann zum Eis gequert und dort einen Standplatz als Umlenkung zur besseren Platzierung gebaut (links im Bild). Dann einen zusätzlichen Standplatz im Eis mit Umlenkrolle mit Rücklaufsperre. Darin wurde ein Statikseil umgelenkt, mit dem der 100kg Dummy von unten hochgezogen werden kann (mittig im Bild). So war das Seil, in dem ich saß nicht für die Standplätze der Sturzversuche eingebaut.
Für die Sturzversuche habe ich einen separaten Standplatz ca. 3m unterhalb von meinem Standplatz gebaut (rechts im Bild). Hierzu habe ich zuerst eine Schraube pro Fixpunkt genutzt. Danach dann für einen Fixpunkt zwei Schrauben, dass die Schrauben nicht ausreißen. An den Fixpunkten war dann zuerst jeweils eine Kraftmesszelle und an dieser dann die Standplatzschlinge. An einem der Fixpunkte war 2mm Schnur verbaut, um einen Ausbruch des Fixpunktes zu simulieren. In den Zentralpunkt des Standplatzes kam dann ein HMS Karabiner mit dem Seil mit Halbmastwurf. Das Seilende wurde dann an eine Kraftmesszelle an der Anseilschlaufe des Dummies geknotet.

Am Dummy war zudem eine Abwurfeinrichtung, die man unter Last auslösen kann. Die Trage auf dem Bild haben nur für den Transport genutzt.
 

Die unbekannten Variablen

Seil(-dehnung)
Das Seil haben wir immer an der gleichen Stelle genutzt. Daher ist davon auszugehen, dass der Krafteintrag auch im Labor bei jedem Sturz etwas höher geworden wäre.

Bremshand
Die menschliche Bremshand kann nicht gewährleisten, dass jedes mal genau die gleich Bremswirkung auf das Bremsseil ausgewirkt wird.

Eiskontakt
Der Dummy hatte beim Sturz keinen komplett freien Fall. Durch den Eiskontakt ist davon auszugehen, dass hier Kraft übernommen wurde.

Sturzhöhe
Den Dummy haben wir jedes mal auf ungefähr die gleiche Höhe gezogen. Jedoch lassen sich in einem solchen Setup kaum leichte Schwankungen ausschließen. Und je nach Seildurchlauf im HMS ist die Sturzhöhe dann auch etwas anders.

Die Stürze

Für den Aufbau wurde ein einem von zwei Fixpunkten eine schwache Sollbruchstelle eingebaut. 

Sturz 1

Standplatz: Quad-Standplatz aus 6mm Reepschnur
Krafteintrag Sollbruchstelle: 0,72kN
Krafteintrag Fixpunkt: 4,93kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung: Bei der belasteten Eisschraube war ein deutlicher Riss im Eis zu erkennen.

Sturz 2

Standplatz: Südtiroler Standplatz mit Dyneema-Schlinge
Krafteintrag Sollbruchstelle: 0,84kN
Krafteintrag Fixpunkt: 5,84kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung: Bei dem Sturz ist die belastete Schraube ausgerissen und in die Hintersicherung gerutscht. Die Hintersicherung war eine 17cm Petzl Laser Speed Eisschraube, deren Lasche nun etwas verbogen ist.

Sturz 3

Standplatz: Südtiroler Standplatz mit Dyneema-Schlinge
Krafteintrag Sollbruchstelle: ca. 0,7kN
Krafteintrag Fixpunkt: 5,40kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung:

Sturz 4

Standplatz: Weiches Auge 6mm Aramid-Reepschnur
Krafteintrag Sollbruchstelle: 0,56kN
Krafteintrag Fixpunkt: 6,86kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung:

Sturz 5

Standplatz: Quad-Standplatz aus Dyneema-Schlinge
Krafteintrag Sollbruchstelle: 0,61kN
Krafteintrag Fixpunkt: 5,73kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung:

Sturz 6

Standplatz: Quad-Standplatz aus 6mm Aramid-Schlinge
Krafteintrag Sollbruchstelle: 0,79kN
Krafteintrag Fixpunkt: 7,10kN
Krafteintrag Dummy: x
Anmerkung: Der Halbmastwurf ist nach dem Sturz durch Schmelzverbrennung verklebt, dass der Dummy von unten nicht abgelassen werden konnte, bis der Halbmastwurf oben von Hand gelöst wurde.

Auswertung des Versuchs

Wir hatten uns zuerst erhofft zu ermitteln, ob beim ausreißen eines Fixpunktes der Krafteintrag bei einer Ausgleichsverankerung durch die Sturzstreckenverlängerung merklich höher ist. Jedoch lässt sich durch unsere Werte und die unbekannten Variablen keine Aussage dazu tätigen. Dazu kommt dann evtl. in der Zukunft etwas.
Dennoch ist hier wieder schön demonstriert, wie hoch der Krafteintrag auf den Standplatz ist, wenn der Vorsteiger kurz nach dem Standplatz stürzt. Daher Dummy-Runner nicht vergessen und schon kurz nach dem Stand die erste Schraube setzen!
Schön war es auch zu sehen, wie gut sich mit dem Flaschenzug-Setup zu zweit die 100kg heben ließen. Zudem war das Verhalten der Eisschrauben bei Belastung sehr interessant.

Und hier die verformte Petzl Eisschraube mit blauer Kurbel im Vergleich zu einer unverformten mit gelber Kurbel. Mehr Bilder gibt es in meinem Bericht zur Petzl Laser Speed Light Eisschraube.

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