Meine Erfahrungen mit den Quad Standplatz – Quad Anchor aus den USA

Einleitung und Disclaimer

Nachdem in den USA der Quad sich schon breiter Beliebtheit erfreut, ist er hier in Deutschland noch recht unbekannt, wenig genutzt und wird teils nicht verstanden. Man sieht viele kompetente Nutzer, die die Quad Standplatzschlinge an Bohrhaken aber auch an mobilen Sicherungsmitteln nutzen. Ich habe diesen Standplatz nun auch seit über 2 Jahren im Gebrauch und möchte daher einige Eindrücke teilen.

Bitte beachten: Bergsport und Klettern sind gefährliche Sportarten. Dieser Beitrag soll keine Anleitung sein und ist nur eine Erfahrungssammlung. Der Bericht ist nicht abschließend und es gibt sicherlich Fälle, in denen manche der genannten Punkte nicht zutreffen. Bitte setze dich der Gefahr nur aus, wenn du genau weißt, was du machst. Und probiere neue Systeme unter Aufsicht in einem sicheren Umfeld oder gar auf dem Boden aus.

Dass der Quad Anker auch im deutschsprachigen Bereich mehr Aufmerksamkeit gewinnt, lässt sich auch durch den neuen Betrag von Bergundsteigen vermuten. Hier der erwähnte Beitrag mit fachlicher Meinung: Quad Anchor am Standplatz: Vor- und Nachteile – Bergundsteigen.com

Meine Erfahrung und Meinung basiert auf meiner nicht professionellen Erfahrung als Endnutzer. Ich sichere primär per Körpersicherung. Ich bin kein Bergführer und möchte nicht im Ansatz die Lehrmeinung angreifen.

Was ist ein Quad Standplatz?

Der Quad ist eine art Ausgleichsverankerung und besteht – je nach Material – aus ungefähr 6-7m Reepschnur, die man zum Ring knotet, dann doppelt nimmt und dann mit zwei Knoten in eine Art „abgebundene Ausgleichsverankerung“ verwandelt (Zum Thema Ausgleichsverankerung: Beitrag auf Petzl.com). Zwischen den beiden Knoten hat man dann vier Stränge, von denen man nur zwei klippt, um bei versagen eines Schenkels noch redundant zu sein. So hat man eine recht gute Verteilung der Last auf die beiden Fixpunkte. Hier mal mit einer 8mm Reepschnur. Die Sicherheit der mobilen Sicherungsmittel sind in diesem Beispiel bitte zu vernachlässigen.

Bei drei Fixpunkten muss man etwas improvisieren. Manchmal ist die Lösung aber auch sehr einfach. Die gleichmäßige Verteilung der Last ist dann in der Regel aber nicht mehr vollständig gewährleistet.

Möglich ist das ganze auch mit einer 240cm Dyneema Rundschlinge. In diesem Fall dreifach gelegt, dass man mittig insgesamt 6 Stränge hat. Hier fällt direkt auf, wie weit der Standplatz nach unten verlängert wird, obwohl es sich bei dieser Variante um die kürzere Variante handelt.

Unten die Stränge werden in zwei Paare geteilt und helfen so bei der Separieren der Karabiner. Vor allem zu zweit oder zu dritt ist es am Standplatz so recht angenehm und übersichtlich.

Hier 8mm Dyneema Rundschlinge und 8mm Reepschnur im direkten Größenvergleich.

Bei der Reepschnur hat man den Vorteil, dass man im Alpinen dann immer etwas „Reserve“ dabei hat und die Reepschnur dann auch anderweitig verbrauchen kann. Ich nutze in der Regel für meinen Quad 6mm Aramid Reepschnur mit zwei Schraubkarabinern. Tragen lässt sich das ganze am Gurt oder über der Schulter.

Nachteile vom Quad-Standplatz

Jeder neue Standplatzaufbau bringt die Gefahr mit sich, dass man es falsch anwendet. Daher ist hier besonders darauf zu achten, dass vor dem Losketten alle Seilpartner mit dem Standplatz vertraut sind oder befähigt sind alternativ einen vertrauten Standplatz zu bauen. Im Beitrag von Bergundsteigen wird zudem der Zeitansatz für das eventuelle anpassen der Knoten genannt. Diesen erachte ich im Vergleich zum regulären Standplatzbau als nicht erwähnenswert länger. Dazu kommen noch andere Nachteile, die man für sich individuell bewerten muss.

  • Beim Vorstiegsturz kann das System recht weit nach oben umschlagen – Das kann die Sturzstrecke des Vorstehers verlängern und den Sicherer nach oben schleudern. Die Last wird hauptsächlich dann gut auf beide Fixpunkte verteilt, wenn der Zug nach unten erfolgt. Natürlich kann der Standplatz auch nach unten abgebunden werden, um ein Umschlagen zu verhindern.
  • Verlängerung der Sturzstrecke beim Ausreißen eines Fixpunktes – Dann rutschen die Karabiner in den nächstgelegenen Knoten. Vor allem beim Sturz in den Stand rutscht dann der Sicherer mit seiner Selbstsicherung und der Vorsteiger bei der Fixpunktsicherung mit dem Sicherungskarabiner oder in dem Dummy-Runner in den nächsten Knoten. Bei Nutzung von statischen Material für den Quad und die Selbstsicherung, kann hier ggf. eine recht hohe Kraftspitze entstehen. Die leichte Pendelbewegung wäre auch bei einem klassischen Stand mit Ankerstich oder Sackstich der fall.
  • Kraftverteilung auf beide Fixpunkte sorgt für Dauerbelastung der Fixpunkte. Bei Eisschrauben kann das bei Sonne oder in langen Sicherungsphasen zu einem ernsthaften Problem werden.
  • Schwerer als z.B. Standplatzschlinge mit weichem Auge oder Rundschlinge für Südtiroler Methode aus gleichem Material.
  • Bei drei oder mehr Fixpunkten muss man teils improvisieren. Beim Klettern in gut abgesicherten Routen ist das aber zu vernachlässigen.

Vorteile vom Quad-Standplatz

Welche Gewichtung man welchem Vorteil gibt ist auch wieder recht individuell. Und wie man am ersten Punkt sieht, kann ein Vorteil unter anderen Gesichtspunkten zum Nachteil werden.

  • Ausgleichsverankerung – Die Last wird bei Zug nach Unten recht gleichmäßig auf zwei Fixpunkte verteilt, auch wenn die Belastung etwas mehr von Rechts oder Links kommt. Das kann das Risiko des Ausreißen eines Fixpunktes verringern.
  • Gut organisierter Standplatzaufbau mit separaten Zentralpunkten für Vor- und Nachsteiger. So hat man komfortabel Platz und zieht sich nicht so hin und her, wie bei manch anderen Aufbauten.
  • Bei gleichbleibenden gebohrten Standplätzen ist der Aufbau und Abbau sehr schnell – Man muss keine Knoten öffnen und kann den Quad vorbereitet über die Schulter hängen.
  • Viel Material für mögliche Improvisation. Mit ca. 6-7m Reepschnur kann man viel machen. Auch mit einer 240cm Rundschlinge sind viele alternative Standplatzaufbauten möglich. Eher interessant in weniger gut abgesicherten Routen oder wenn man sich mal versteigt.

Schlusswort

Das Thema Standplatz ist komplexer als es zuerst scheinen mag. Ob man dieses System ausprobiert oder ob es einem überhaupt einen Vorteil bringt, muss man für sich selber herausfinden. Ich bin inzwischen ein großer Fan von Quad Standplatz geworden und will ihn mir nicht mehr wegdenken. Ich habe vor allem die beiden getrennten „Zentralpunkte“ zu schätzen gelernt. Denn so kann man zu zweit im Standplatz hängen und zieht seinen Kletterpartner nicht bei jeder Bewegung direkt hin und her. Ebenfalls liegen die Karabiner nicht aneinander und sind daher angenehmer zu entnehmen. Und beim Eisklettern war es auch ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass beide oder 2 von 3 Eisschrauben belastet werden, auch wenn der Sturz etwas anders kommt, als erwartet. Dennoch habe ich in der Regel auch immer noch anderes Material dabei und entscheide dann im Zweifelsfall vor Ort, welche Art von Standplatz ich wähle. Denn besonders im Donautal steht man dann schnell mal an einem Ringhaken, den man nicht durch einen Klemmkeil hintersichern kann. Und je nachdem, ob man Fixpunktsicherung oder Körpersicherung macht: Hier kann ein Sturz verschiedene Auswirkungen auf das System haben.

Ich habe auch ein Video zum Quad gemacht:

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